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Mechthild Schroeter-Rupieper: Der anstehende Tod eines Familienangehörigen

Trauer um Oma, Opa, Vater, Mutter oder weitere Familienangehörige


Frühzeitige Information von Kindern
Ganz gleich, welches Alter, welche Behinderung oder, im Alter, welcher Grad einer Demenz:  Jeder Mensch hat ein Recht auf ehrliche, angemessene Information!

Fast alle Menschen haben die Situation schon erlebt: „Ist etwas?“, fragen wir die Mutter, weil es sich „irgendwie anders“ anfühlt. „Nein, es ist nichts“, ist die Antwort, die jedoch nicht beruhigt.
Kinder spüren, wenn man Informationen zurückhält, ein Geheimnis in der Familie entsteht. Das beunruhigt sie, macht Angst, verursacht Schuldgefühle und irritiert.

Gespräche und – wenn gewünscht - Körperkontakt sind wichtig, wenn man Kinder auf einen anstehenden Trauer- oder Todesfall vorbereiten möchte. Dadurch fühlen sie sich ernst genommen, ihre Wahrnehmung wird bestätigt. Das wirkt auf Kinder beruhigend, selbst wenn der Anlass ein trauriger ist.

 

Ab welchem Alter spreche ich mit Kindern über den Tod?
Niemand stellt sich diese Frage nach dem Alter, wenn es um Farben geht. „Ab wann sage ich dem Kind, dass es die Farbe GELB gibt?“ Obwohl wir wissen, dass einige Kinder lange keine Farben auseinander halten können, sagen wir dennoch dem Kleinkind: „Schau mal da, das schöne gelbe Auto.“ Wir lassen Kinder in eine Farbenwelt hinein wachsen und irgendwann kann das Kind diese Farbe selbst benennen.

Genauso können wir es halten, wenn es um fröhliche, traurige oder auch um intellektuelle Dinge geht.

Das gilt schon für kleinste Kinder. Trage ich mein Baby auf dem Arm und bin als Mutter traurig, weil mein Vater gestorben ist, wird das Kind meine Traurigkeit wahrnehmen, evt. mit Weinen darauf reagieren.
Schon da (und selbst mit dem ungeborenen Baby im Bauch) kann ich mit meinem Kind sprechen, darf ich weinen. „Ich bin so traurig, weil Vater, dein Opa, heute gestorben ist.“ Das Kind wird die Mitteilung kognitiv nicht verstehen, es wird aber fühlen: „Ja, etwas ist anders - aber Mama reagiert auf mich.“

Sage ich dem Kind: “Pscht, sei schön lieb. Warum weinst du denn? Ist ja alles gut …“ verbergen sich selbst hinter einem fröhlichen Gesichtsausdruck feinste Nuancen von Stimmungen und Signalen. Auch der Herzschlag und die Atmung der Mutter können durch die zurückgehaltene Trauer spürbar und damit verändert  sein. Die Mutter ist nicht im Einklang mit sich - und löst weitere Beunruhigung aus.
Und warum nun das Zurückhalten der Information über einen Trauerfall?
Damit das Kind nicht traurig ist! – Aber: Wenn ein Opa stirbt, wenn Mutters Vater stirbt, dann ist das traurig und dann darf man traurig sein. Ich lache ja auch, wenn ich fröhlich bin und verstecke meine Freude nicht vor dem Kind.
Trauern, lachen, wütend sein, lieben … all das und vieles mehr gehört zum Menschsein dazu und wir können dabei den Kindern helfen, in eine Farbenwelt, aber auch in eine Gefühlswelt hinein zu wachsen.


Wann ist ein guter Zeitpunkt für ein Gespräch über eine lebensbegrenzende Krankheit, einen anstehenden Tod gekommen?
Wir müssen  verinnerlichen, dass wir nur nach dem guten Zeitpunkt des Gesprächs schauen können, der traurige Anlass des Gesprächs wird auch durch die Terminverschiebung nicht weniger traurig werden.
Wichtig ist, dass Sie die Dinge nicht zwischen „Tür und Angel“ besprechen, dass Sie Zeit haben, auf Fragen, Ängste und Traurigkeit einzugehen.

Praxis Evas Vater fragte mich, wann der „richtige Zeitpunkt“ sei, Eva, 8J., vom anstehenden Tod des Opas zu erzählen (nach ärztlichen Angaben ca. in einem ½ Jahr). Die Eltern des Mädchens wussten darüber schon seit 4 Wochen Bescheid. Ich riet ihnen, Eva  zeitnah zu informieren.
Am folgenden Wochenende sprachen Vater und Mutter mit Eva. Evas spontane Reaktion war: „Ach, deswegen war Mama in der letzten Zeit so komisch. Sie hat doch auch manchmal geweint, oder?“ Erleichterung kam bei dem Mädchen auf, das eine unangenehme Veränderung in der Familie bemerkt, gespürt hatte: „Hier stimmt doch etwas nicht.“

Das sind die kleinen Tabus in Familien: Ein Problem liegt in der Luft, spürbar für alle, aber es gibt keinerlei direkte Reaktionen darauf - außer vielleicht psychische Verstimmungen.  Warum nehmen wir ausweichende Antworten, manchmal sogar Lügen, eine unangenehme Stimmung auf uns? Um das Kind vor Traurigkeit zu schützen, oder? Was empfinden Sie als schlimmer: unerklärliche Missstimmungen oder eine gemeinsame Trauer?

Praxis Erst nach Evas Erleichterung kamen Fragen und auch Tränen auf: „Warum muss Opa sterben?“ „Wann muss Opa sterben?“ „Kann der Arzt denn da nicht helfen? Oder der liebe Gott?“ „Was passiert denn dann mit Oma? Soll sie dann ganz alleine wohnen?“ Sie weinte ganz bitterlich, um dann nach einer Weile zu überlegen: „Weiß Opa das?“

 

Vertrösten Sie nicht
Es in Ordnung, Kinder an der Trauer um einen anstehenden Tod teilnehmen zu lassen. Vertrösten Sie nicht Ihr Kind mit falschen Versprechen. Auch dabei wird Ihr Kind spüren, dass Sie nicht bei der Wahrheit bleiben. Trauer tut weh, aber der Schmerz geht vorbei, wenn man weinen, klagen, beten, fragen darf!            Wenn Ihnen die Antworten auf die Fragen des Kindes fehlen, dann geben Sie das ruhig zu. Manchmal findet man niemals die passende Antwort, manchmal kann man auch mit dem Kind gemeinsam danach suchen.

 

An der Krankheit oder dem Tod trägt Ihr Kind keine Schuld
Machen Sie dem Kind immer deutlich, dass es keine Schuld an der Krankheit oder dem evt. Tod hat. Kinder glauben oft, dass Dinge durch Ihr Tun (z.B. frech sein) oder Lassen (selten zu Besuch gegangen) verursacht werden. Nein, keiner wird krank, weil ein Kind dem Opa eine freche Antwort gegeben hat. Eine Oma ist noch nie gestorben, weil das Enkelkind sie nicht mehr besucht hat. Mama wird nicht krank, weil das Kinderzimmer oft unordentlich war. Wenn, wie in dem Beispiel Evas Opa sterben muss, dann an der schweren Krankheit, die er hat.

Eine weitere positive Seite  der Information ist, dass man dennoch die Möglichkeit hat, vermeintliche Versäumnisse auszugleichen. Gemeinsam können Sie mit dem Kind überlegen: „Was können wir Opa denn Gutes tun? Oder Oma, die jetzt auch ganz feste traurig ist?“

 

Wichtige Gesprächschancen
Vielleicht fragt das Kind den Opa auch, ob er traurig ist, dass er sterben muss. Auch dies kann für Kinder eine normale Reaktion, wie die Frage nach Freude sein: „Freust Du Dich, dass Petra ein Baby bekommt?“  Es könnte ein Gespräch entstehen, dass für alle Beteiligten tröstlich ist, weil man sich noch einmal etwas Liebes sagen und zusammen weinen kann, über Ängste, aber auch über Hoffnung - wie z.B. ein Wiedersehen im Himmel, sprechen könnte. Viele Sterbende wissen um ihren Zustand und möchten vielleicht darüber reden; meist wird ihnen auf die Schulter geklopft: „Komm, das schaffen wir schon. Du wirst noch 100, warte mal ab!“
Praxis Leons Onkel lag im Sterben. Die ganze Familie wusste davon und man plante am Sterbebett einen Segeltörn mit ihm. Niemand fühlte sich in der Situation wohl. Taten dem 13jährigen Leon die Erwachsenen leid? Tat der Onkel den Erwachsenen leid? Taten dem Onkel die Verwandten leid?
Man könnte sich aussprechen, über Erbe reden, die Bestattungsform ansprechen (Wissen Sie, ob Ihre Angehörigen anonym oder in einer Familiengruft, eingeäschert oder im Sarg begraben werden möchten?), eine Gästeliste für die Abschiedsfeier durchsprechen, über Schmerztherapie, Hospize oder auch lebenserhaltende Maßnahmen Informationen einholen.

Es ist aber auch möglich dem Kind deutlich zu machen: „Darüber mag Opa nicht sprechen. Wenn du Fragen hast, dann können wir darüber reden.“ Sagen Sie niemals: „So etwas fragt man nicht!“ Kinder müssen fragen, um sich in neuen Situationen zu Recht zu finden.

 

Es könnte Tränen geben
Bei allen Überlegungen, die Sie im Umgang mit Ihrem Kind, aber auch im Umgang des Kindes mit dem sterbenden Menschen haben, sollten Sie sich immer fragen:  „Was fürchte ich? Welche Situation, welche Reaktion? Wenn diese Befürchtung eintritt, wie könnte man damit konkret umgehen?“  Sie werden sehen, wenn Sie sich mit diesen Fragen auseinandersetzten, werden sich die meisten Ängste auflösen. Die Tatsache wird traurig bleiben, aber die Traurigkeit  ist auch eine angemessene, normale Reaktion auf einen anstehenden Verlust.
Praxis Bei Umfragen in meinen Seminaren stellt sich als große Befürchtung sowohl bei Medizinern, wie auch bei Lehrern, Erziehern, Kundenberatern, Eltern, Seelsorgern  oder Pflegekräften immer eine Haupt-Sorge deutlich heraus: Es könnte Tränen geben! Bei dem Kind, bei dem Sterbenden und auch bei mir selbst.     
Ja, und?

 

Weitere mögliche Reaktionen
Weil sich Kinder vom Alter, vom Temperament und von der Lebenssituation her unterscheiden, reagieren sie auch auf die Nachricht eines anstehenden Todes unterschiedlich. Es kann sein, dass das Kind wütend, aggressiv wird, dass es sich keine Gefühlsregung anmerken lässt, dass es ganz viel darüber spricht oder auch nur schweigt. Vielleicht schläft es schlecht, reagiert mit Trennungsängsten, hat Angst, den Opa zu besuchen oder möchte gar nicht mehr von ihm fort. Aber Ihr Kind hat das Recht, diese Gefühle zu empfinden und auszudrücken. Gemeinsam sollten sie immer wieder das Gespräch suchen, Möglichkeiten finden, Trauer oder auch Liebe auszudrücken. Malen, schreiben, basteln, aber auch Bewegung sind dabei gute Ausdrucksmittel. Trauernde, die ihre Gefühle „im Griff haben“, „stark sind“ und keine Tränen zeigen, haben langfristig mehr unter der Trauer mehr zu leiden als die Menschen, die Gefühle zulassen und angemessen ausleben. Das bedeutet aber auch, dem Kind in Trauerreaktionen Grenzen zu setzen, wenn es sich oder andere (verbal oder körperlich) verletzen könnte. „Ich glaube, ich weiß, warum Du so wütend bist. Aber auch wenn Du traurig bist, kannst Du trotzdem nicht die Kinder in deiner Klasse hauen.“ Finden Sie mit Ihrem Kind Lösungsmöglichkeiten.

 

Begleitmöglichkeiten
Wenn Ihr Kind über den anstehenden Trauerfall informiert ist, haben Sie die Möglichkeit, auf die Fragen des Kindes einzugehen. Sie können Bilder- und Sachbücher besorgen, Sie können sich, auch wenn es noch unbegreiflich ist, mit dem Abschied auseinander setzen. Was wird sich mit dem eintretenden Tod für die Familie verändern? Der Wohnort, die Finanzen?

Halten Sie es für unmöglich, wenn Ihr Kind jetzt schon auf der Flöte ein Lied übt, welches es dann später bei der Trauerfeier dem Opa am Sarg vorspielt? Es ist vielleicht ungewöhnlich, aber vielleicht gibt es auch einen Großvater, der sich schon in der Krankheit genau über dieses Lied freut?

 

Besuch beim Bestatter - ein Praxisbericht
Praxis Ich habe mit 2  Kindern, 10 und 13 Jahre alt, 2 Wochen vor dem Tod der Mutter einen Bestatter aufgesucht. Beide Kinder wollten das Geschäft mal kennenlernen, als sie hörten, ich müsse wegen einer Besprechung dorthin. Trotz meiner Sorge, die Räumlichkeiten könnten die Kinder zu diesem Zeitpunkt  erschrecken, ließ ich mich auf den Besuch ein, den wir ja jederzeit abbrechen konnten.

Nach einer anfänglichen Schüchternheit erkundigten sich die Kinder zuerst nach den Preisen der ausgestellten Särge und Urnen. Danach überlegten beide, was denn für sie selbst in Frage käme. Der 13-jährige entschied sich für den teuersten, das Mädchen für einen hellen Sarg mit dem „kostbaren“ Kreuz darauf.  Ich sagte dem Bestatter, der auf den Besuch vorbereitet war,  dass die Mutter der Beiden sehr krank wäre, und wir darüber gesprochen hätten, der Mama vielleicht den Sarg ganz schön zu bemalen.  Daraufhin wurde uns die Werkstatt  gezeigt, in der wir dann beizeiten malen könnten. Abschließend wollten die Kinder noch einen Sarg von innen sehen.

Gemeinsam schraubten wir einen Sarg auf, hoben gemeinsam den Deckel ab, beschauten und befühlten die Innenausstattung. Danach wurde der leere Sarg wieder geschlossen.

Wir wurden mit den Worten entlassen: „Macht’s gut. Wir werden uns dann ja vielleicht wiedersehen, ich hoffe, das dauert aber noch eine Weile. Aber wenn ihr wiederkommt, dann wisst ihr schon, wo hier die Werkstatt ist.“ Beide Kinder waren auf der Rückfahrt im Auto und auch später zu Hause sehr ausgeglichen. Sie erzählten ihrem Vater und ihren weiteren Geschwistern von dem Besuch ohne Ängste zu zeigen. Das Kennenlernen des sich so gruselig anhörenden Ortes war nun verbunden mit der sympathischen Person des Bestatters, mit Särgen, Urnen und schönen Räumen, die man nun schon kannte. Der Grusel war weg.
Der Sarg der Mutter wurde 3 Wochen später bemalt. Auf den Innendeckel, der nicht mit Stoff ausgeschlagen wurde, hatten die Kinder der Mama ein ganz großes Herz gemalt. „Damit Mama immer sieht, wie lieb wir sie haben.“ Außen wurde der Sarg mit Namen der Familie, Blumen und Herzen bemalt. Alles Symbole, die die Liebe zu ihrer Mutter zum Ausdruck brachten.
Diese und noch weitere Möglichkeiten beim Bestatter gibt es auch beim plötzlichen Tod. Jedoch ist die Chance, einen geeigneten Bestatter auszusuchen, nötiges Material auf eine Liste zu schreiben oder schon zu besorgen vor dem Tod eindeutig größer. 

Praxis Nachwirkungen:  Zwei Wochen nach der Abschiedfeier saß ich mit beiden Kindern bei dem Bestatter, wir schauten Fotos vom Bemalen des Sarges an. Die Kinder erzählten, dass sie manchmal weinen würden, sie erinnerten sich an einige Begebenheiten mit der Mutter, sie erkundigten sich nach einem Mitarbeiter des Bestatters -und plötzlich lehnte sich der 13 jährige entspannt zurück und sagt aus vollem Herzen:“ Wenn ich mal tot bin, dann will ich auch hierhin kommen!“

 

Abschiednahme am offenen Sarg   
Jeder verstorbene Mensch darf aufgebahrt werden. Jeder Mensch darf nach Eintritt des Todes 36 Stunden zuhause aufgebahrt werden - auch dann, wenn er im Krankenhaus verstorben ist.

Ist man nicht mit dieser Situation vertraut, hört sich so ein Vorschlag vielleicht sogar unheimlich an. Ich rede hier aber nicht von irgendwelchen Leichen, sondern von Ehepartnern, eigenen Kindern oder Eltern. Familien, Kindern muss deutlich werden: auch der tote Papa ist mein Papa. Den verstorbenen Vater, die Mutter, das Kind aus dem Krankenhaus noch einmal nach Hause holen oder ganz in Ruhe zu Hause lassen, kann den Abschied begreifbarer, bewusster – und trotz aller Traurigkeit „schön“ machen.  
Je jünger ein Kind oder je stärker eine Behinderung ist - desto wichtiger ist das Begreifen. Zu sehen, zu fühlen: ja, das ist tot.
Nehmen Sie Ihr Kind an die Hand, begleiten Sie auch größere Kinder, wenn Sie das erste Mal den toten Menschen besuchen. Holen Sie sich selber Hilfe, wenn auch Sie Begleitung benötigen. Fragen Sie nicht Ihr Kind: „Willst Du Mama noch einmal sehen?“ Wie sollen sich Kinder entscheiden, wenn sie doch gar nicht wissen, was „tot“ ist, wie das aussieht oder vielleicht riecht?

Wenn Ihnen die Abschiednahme wichtig ist, erklären Sie Ihrem Kind, was es in dem Raum vorfinden wird: „Komm, wir wollen Mama noch einmal besuchen. Mama liegt in dem Raum und sieht aus, als würde sie schlafen. Sie schläft aber nicht, sie ist tot. Sie bewegt sich nicht mehr, sie macht die Augen nicht auf, sie sieht auch etwas blasser aus als sonst. Das ist so, wenn man tot ist.“  Der Tote riecht auch nicht, er ist nicht ansteckend, es gibt auch kein Leichengift. Auch das können wichtige Informationen sein, die jedoch nur auf Fragen benannt werden sollten.
Möchte das Kind den Raum nicht betreten, ist es auch ok. Vielleicht kommt es später dazu, wenn es sieht, dass Sie dennoch die Mutter besucht haben. Oft ist es auch hilfreich, den Kindern das Angebot zu machen, gemeinsam hinein zu gehen, das Kind darf zu jeder Zeit alleine oder mit einer Bezugsperson wieder raus gehen.

Viele Bestatter bieten auch die Möglichkeit der Aufbahrung in ihren Räumlichkeiten an. Nutzen Sie dieses Angebot, wenn der Verstorbene nicht bei Ihnen zu Hause bleiben kann.

Praxis In meiner Kindertrauergruppe sind zurzeit 11 Kinder im Alter von 6 bis 12 Jahren. 9 Kinder haben den verstorbenen Vater oder die Mutter gesehen. Es geht ihnen gut, sie erzählen in der Gruppe davon. Für alle ist es selbstverständlich, den Verstorbenen gesehen zu haben. Ein 12 jähriges Mädchen sagt, der  Anblick des Vaters sei nicht schön gewesen, sie sei aber trotzdem froh, ihn gesehen zu haben. 2 Kinder durften nicht mehr zu den verstorbenen Eltern. Sie finden das auch noch nach 1-3 Jahren ungerecht und gemein. Sie haben das Gefühl, man hat ihnen etwas vorenthalten. Das finden die 9 anderen Kinder auch.

Kinder dürfen den verstorbenen Menschen sehen und auch darüber reden, wenn es ihnen nicht gefallen, nicht gut getan hat - sie werden keinen Schaden nehmen. Nur Kinder, die unvorbereitet durch das stark veränderte Aussehen eines Toten erschreckt sind, kein Gesprächsangebot erhielten oder zu einem Besuch gegen den Willen gezwungen wurden, können manchmal Monate bis Jahrzehnte lang mit Ängsten auf diesen Besuch reagieren.
Kinder, die begleitet wurden, Familien, die sich gegenseitig zur Stütze wurden, möchten diesen letzten Abschied nicht mehr missen. Er war traurig, aber die letzte Chance, einigermaßen bewusst Abschied zu nehmen und damit gleichzeitig zu beginnen, den Tod zu begreifen.

 

Abschiedsgeschenke und Gedenktage
Trauerfeiern, Trauer-Gottesdienste, Abschiedfeiern können persönlich mitgestaltet werden. Sie können mit Ihren Kindern Lieder aussuchen, eine Kerze für den Gottesdienst gestalten, Danksagungen oder Fürbitten formulieren und gemalt oder gesprochen vortragen, Teelichte verbunden mit einem Gedanken, einem Dank nach vorne zum Sarg bringen, die Kinder können Lieblingsblumen nach Farben oder Sorten aussuchen, eine Kranzschleife selber gestalten … alles Dinge, die sie mit den Kindern in Liebe zu dem Verstorbenen gestalten, die Ihnen aber gleichzeitig in Ihrer eigenen Trauer gut tun. „Schade, dass Oma tot ist. Aber gut, dass wir Ihr so eine schöne Kerze gebastelt haben!“ Ja, es ist traurig, aber es ist wichtig, wenn auch im kleinen Rahmen, selber handlungsfähig zu bleiben. 

In all den Momenten, in denen wir uns bewusst mit der Tatsache des Todes auseinandersetzen, egal ob wir lachen, ernsthaft sind, beten oder weinen – genau da beginnt unsere Trauerverarbeitung.

Praxis 
Sönke, 6 J., legte seinem Opa, einem Jäger, ein Geweih mit in den Sarg.  
Marius, 7 J., malte seiner Tante einen Plan, wie sie am besten in den Himmel käme.
Ruth, 7 J., knüpfte ein Freundschaftsbändchen und band es der toten Oma um den Arm.  
Johanna, 3 J.,  gab dem Papa ihren Stoffhasen mit.
Vier Kinder, die nicht „Etwas“ (eine Leiche?) besuchten, von dem(der) man Kinder fernhalten sollte, - sondern einem lieben, manchmal auch dem liebsten Menschen noch etwas Besonderes mitgeben wollten.

 

Überraschendes…
Praxis Falk, 5 Jahre, sagte, als sein Papa im Sterben lag: „Eigentlich verkehrt rum. Papa ist jung und muss sterben. Tante Helga ist alt und lebt noch … aber eigentlich richtig rum: Papa ist krank, Tante Helga nicht.“
Paul, 7 Jahre,  bemerkte in der Kindertrauergruppe ein halbes Jahr nach dem Tod seiner Mutter: „Dass Mama tot ist, ist so doof. Aber wenn sie nicht tot wäre, hätte ich euch nicht kennen gelernt. Also etwas schade, etwas auch nicht schade.“

Nora, 8 Jahre, sagte beim Tod der Mutter: “Das  Schlimmste was einem Kind passieren kann, ist, wenn die Mutter stirbt. Mutterliebe kann keiner ersetzen.“       Auf meine Frage, ob es besser für sie gewesen wäre, wäre Papa gestorben, überlegt sie kurz und sagt dann: „Nein, beide sollen da sein. Aber ich glaube, immer der, der tot ist, der fehlt einem am meisten.“
Simon, 10 Jahre, dessen Papa völlig überraschend, sein Opa einige Tage später an einer Krebserkrankung stirbt, meint: „Dass Opa tot ist, ist schade. Aber das ist auch irgendwie Erlösung. Dass Papa tot ist, das ist keine Erlösung. Das ist einfach eine große Scheiße!“

Diese Kinder reagieren nicht unbedarft, nicht kindisch,sie sehen manche Tatsachen klarer als Erwachsene und benennen sie auch so.

Das Schöne bei diesen 4 Kindern ist, dass sie Eltern haben, die ihre Aussagen zulassen, manchmal auch bestätigen, wie die Mama, die da sagt: „Ja Simon, manchmal denke ich auch: “Das ist alles eine Scheiße.“ Dabei nimmt sie ihren Simon auf den Schoss und sie sind zusammen traurig und sie trösten sich auch gleichzeitig.

 

Lebensweg
Keinem Kind wünscht man traurige Dinge auf dem Lebensweg. Dennoch kann sich keiner seine Geschichte aussuchen. Es gibt Freude, es gibt Tränen. Es gibt Sonne, es gibt Regen. Es gibt Leben, es gibt den Tod.

In meiner Arbeit mit den Kindern bin ich mir sicher geworden: Die Kinder, die Leid erleben, aber trauern dürfen und Begleitung erhalten, gehen oft als starke Menschen aus dieser Situation heraus.

Schutz der Kinder in Trauerzeiten darf für Eltern nicht bedeuten, ihre Kinder vor Traurigem zu bewahren, sondern bedeutet: sie zu begleiten und zu unterstützen, ihre eigenen Gefühlsausdrücke zu finden.  Sich gemeinsam auf einen neuen -wenn auch nicht freiwillig gewählten-  Lebensweg zu machen. Aber zusammen loszugehen.



Kontakt:
Lacrima-Trauerbegleitung
Mechthild Schroeter-Rupieper
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